Strecke: 55 km Fahrtzeit: 2,5 h
Als ich auf dem Schiff stand brach es über mich hinein. Die Momente der Höllenqualen, die Momente des Glücks. Plötzlich war es alles greifbar. Auf diesen Moment habe ich mindestens ebenso gewartet wie mein Ziel zu erreichen. Gewissermaßen war das sogar ein Ziel. Die letzten zwanzig Kilometer habe ich dauerhaft gestrahlt wie ein Stäbchen Plutonium, wenn ich keine Ohren hätte, hätt' ich im Kreis gegrinst. Der Moment, in dem ich mein Fahrrad vom Schiff auf die Insel schob definiere ich als Glück in seiner reinsten Form. Ich musste erst einmal innehalten und konnte nicht weiterfahren. Obwohl ichs begriff, konnte ichs trotzdem nicht fassen.
Für die Statistiker: Ich bin 13 Etappen in 17 Tagen gefahren gefahren, und habe seit Niehl insgesamt 1410 km zurückgelegt. 72 Stunden und 38 Minuten hat sich mein Vorderrad gedreht, ob geschoben oder gefahren. (An dieser Stelle sei gesagt, dass dort jeder Kilometer mitgezählt hat, der Tacho war am Fahrrad wenn ich essen gefahren bin, wenn ich Berg-Abfahrten gemacht habe etc.) Das ergibt für jede Etappe im Durchschnitt 108,46 km und 5,58 Stunden. Meine Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 19,41km/h. Ich habe 40 Liter Wasser getrunken und 3000 Liter ausgeschwitzt. :D Soviel dazu. Viel wichtiger sind allerdings andere Dinge die ich zu sagen habe. Jede Etappe war für sich eine ganz eigene Erfahrung und glich selten einer Anderen. Jeden Tag änderten sich Natur, Sprache und Kultur. Das Fahrrad änderte sich übers "Velo" zum "Bicicletta" oder kurz "Bici". Ich habe viele Menschen getroffen. Besonders blieben mir Ari Ras, Jonny und Joe (ohne Scheiß :D ) und der Kerl, dessen Namen ich vergessen habe, mit dem ich ab Basel viele Kilometer zurückgelegt und am nächsten Tag in Andermatt wiedergetroffen habe, in Erinnerung. Müsste ich sagen welche Etappen besonders Erinnerungswert sind und welche weniger, würde das folgendermaßen aussehen. Besonders Erinnerungswert war die zweite Etappe durch das Mittelrheintal. Wunderschön. Die siebte und damit erste Etappe durch die Schweiz, mit der ersten Überquerung eines Gebirgszuges und der ersten Ahnung von Schmerzen. Eigentlich auch die beiden folgenden Etappen in der Schweiz. Wie ich mich über den Gotthardpass geprügelt und noch am selben Tag nach Italien geschleppt habe. Vielleicht noch Alessandria - Massa, mit der Apennin-Überquerung bei 35 ºC und dem Erreichen der Toskana. Weniger Erinnerungswert war an erster Stelle Mal vom Lago Maggiore nach Alessandria. Früh am Morgen gestartet entwickelte sich der Tag einfach beschissen. Diese Mückenplage werde ich sicher mein Leben nicht vergessen. An dieser Stelle sei nochmal gesagt: Ihr könnt euch das nicht vorstellen :D. Wenn ich etwas zu den Länder sagen sollte sähe das so aus: Die 600 km durch Deutschland musste ich lernen, wie man bei so einer Fahrradtour Fahrradfahren muss. Da gehört einiges zu, unter anderem Ernährung, mentale Dinge und Fahrtechnik. Petrus gab mir dazu angemessene Temperaturen und strahlenden Sonnenschein jeden Tag. Auf den 300 km durch die Schweiz relativierte sich alles vorher da gewesene in Bezug auf das, was man mit dem nötigen Ehrgeiz schaffen kann und was Höhenmeter bedeuten. Die 500 km durch Italien waren durch und durch von Hitze geprägt. Jeden Tag an der 35 ºC Grenze bedeutete auch meine Grenze und machte die Apennin Überquerung zu einer ähnlichen Belastung wie die Alpen. Nur anders. Dies war wiederum der Grund für das Auslassen der Etappe Genua - La Spezia, die gesundheitlich nicht zu fahren war, und die ich noch am selben Tag mit dem Zug zurücklegte. Der Schock am Lago Maggiore, dass die Fahrt wegen meiner Achillessehne möglicherweise abgebrochen werden muss, hat sich glücklicherweise durch Gegenmaßnahmen ausgelöst. Der gehts wieder ganz gut. Eine spezielle Erfahrung war auch, die Zeit alleine verbracht zu haben. Das hat etwas, das ich hier nicht erklären kann. Aber es ist da. Da fällt mit noch was ein: die Schweiz hat selbst auf den höchsten Gipfeln und in den abgelegensten Tälern bessere mobile Internet Verbindungen als so mancher deutscher Festanschluss. Italien wiederum hat selbst in den größten Metropolen beschisseneres WLAN als so manches deutsches Mobilnetz. Soviel dazu. Jetzt möchte ich ein paar Danksagungen machen, und dabei habe ich mich für eine chronologische Rheinfolge entschieden. Radon dafür, mir ein Bike zu verkaufen, das nicht ein einziges Mal einen Mucks von sich gegeben hat und diese außerordentliche Belastung ohne Blessuren überstanden hat. Dann Judith, die mir ganz banal die Idee in den Kopf gesetzt hat, welche sich innerhalb einiger Wochen zu einem festen Vorhaben entwickelte. Und nun zum wichtigsten: Babbo, Muddi und Oma, ohne deren Unterstützung ich diese Tour nicht hätte finanzieren können. Ihr Drei seid ohnehin die Besten. (Muddi, zeig Oma mal den Blog und erklär ihr was das ist) Ich danke meiner Grundschule-Lehrerin, mir schreiben gelehrt zu haben. Ohne dich wäre dieser Blog nicht zustande gekommen. Ich danke dem Genitiv, dessen Dasein eine tolle Sache ist. Auf das du, entgegen der Erwartungen derer, die sich Linguisten nennen, uns noch einige Zeit erhalten bleibst. Und am Ende danke ich euch! Allen Freunden und Bekannten, allen Menschen die mir beim vorbeifahren ihren Daumen, ihren Stinkefinger oder etwas anderes gezeigt oder zugerufen haben, jedem Autofahrer der mich umbringen wollte, jedem mit dem ich mich beim morgentlichen Frühstück unterhalten habe. Ihr habt mich gepusht, eure Kommentare, Nachrichten und Sms haben mich erst die ein oder andere Etappe überstehen lassen. Jede meiner Freuden- und Schmerzenstränen widme ich euch. Viele Menschen, die ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen oder gehört habe, haben sich bei mir gemeldet. Das finde ich graziös ;) Ich habe mir täglich alle Mühe gegeben, euch so gut es ging an den Etappen und Erfahrungen teilhaben zu lassen. Und der Resonanz zu Folge habe ich das scheinbar auch öfters geschafft.
Diese Zeit zählt zu den schönsten meines Lebens und ich denke, dass ich die Tage nie vergessen werde. In Zukunft werde ich wohl öfter Touren mit dem Fahrrad machen, wenn auch nicht vergleichbar mit dieser. Schon jetzt habe ich eine neue Idee, durch ein Schild vor mir, auf dem der Verleih eines Kanus angeboten wird. In ein paar Tagen werde ich mir eines mieten und die Mittelmeerküste bis nach Sizilien runterpaddeln. Dazu ein gesonderter Blog. Bis dahin freue ich mich, bei einem Freund meines Vaters 200 m vom Meer wohnen zu können, was es mir ermöglicht sehr günstig zu leben. Ich habe vor, bis Ende August, max. bis zur ersten Septemberwoche zu bleiben und mich zu erkundigen, wie man mit dem Zug wieder nach Hause kommt. Bis dahin werde ich hier die Strapazen des Studiums und der Fahrt kompensieren, und mich schwarz brennen lassen ;) Was nicht heißt dass ich untätig bleiben werde. Die Insel ist wie gemacht zum Fahrradfahren, es gibt nahezu keine ebenen Strecken, nur Hügel und Berge. Was will man mehr :D. So bleib ich wenigstens fit, und erlebe die Insel beim mittlerweile 17. Besuch mal ganz anders. Mitte August kommen mich ein Freund (der Heidelberger Alkoholiker) mit seiner Freundin (wird zum Alkoholismus von ihm getrieben), und eine gute Freundin (keine Alkoholikerin) besuchen. Sogar mein italienischer Austauschschüler von vor 10 Jahren kommt vielleicht vorbei. Schön nochmal bekannte Gesichter zu sehen. Da ich zum einen gerade einfach nur genieße und nicht nur rumrenne und Fotos mache, und zum anderen Elba schon aus fast jeder erdenklichen Position fotografiert habe (von denen ich glaube ich zwei oder drei dazu tue) , hänge ich nicht sehr viele Bilder an. Ich denke, dass, nachdem etwas Zeit vergangen ist, ich mich nochmal hier melde und ein paar Highlights hochlade. Tja. Jetzt habe ich mit einigen Pause knapp 3 Stunden an diesem Blog geschrieben, korrekturgelesen (Um mich auf den zweiten Blog zu beziehen, ich schrieb dort "ich weiß es besser, kann es aber auf dem Phone nicht", was jetzt noch falsch ist, weiß ich nicht besser, und ist definitiv die Schuld der Grundschullehrerin) und überlege krampfhaft, ob ich alles was ich zu sagen habe gesagt habe. Ich denke schon. Und wie beendet man so einen Blog? So!
Dieser Blog soll meine Erfahrung auf einer spannenden Reise schildern. Mit dem Fahrrad mache ich mich auf, von Köln aus die Perle des Mittelmeers zu erreichen - L'Isola d'Elba. Viele Kilometer und einige Steigungen sind dafür zu bewältigen. Als Gegenleistung werden mir jedoch tolle Eindrücke der Landschaften und Menschen gegeben werden.
Freitag, 26. Juli 2013
Cecina - Isola d'Elba: Die Erfüllung des Traums
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Oh man, ich fürchte ich muss nächstes Jahr auch nochmal hin, diese Bilder lösen in mir diesen dringenden Wunsch aus :D Aber ich glaube ich werde nicht mit dem Fahrrad fahren (;
AntwortenLöschenMach dir eine schöne Zeit, die hast du dir echt verdient! :)